Krypto-Assets haben ein schwieriges Jahr hinter sich. Nach den Rekordhochs im November 2021 und einer Marktkapitalisierung von 3 Trillionen US-Dollar war mit dem Ende des Quantitative Easing auch der Höhenflug am Krypto-Markt vorbei. Der Kollaps der Krypto-Börse FTX sorgte für einen weiteren Tiefpunkt. Viele der Ereignisse in den letzten Monaten erinnern an die Dotcom-Blase zu Beginn des Jahrtausends. Umso wichtiger ist der genaue Blick auf die Chancen und Risiken dieser Assetklasse.
Der Round Table Asset Management hat in den zurückliegenden Sitzungen die verschiedenen Facetten des Krypto-Markts genauer untersucht. Die Diskussionsrunden haben gezeigt, dass sowohl Praktiker im Asset Management als auch Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft der Blockchain-Technologie weiterhin riesiges Potenzial zuschreiben. Erwartet wird aber, dass sich die Krypto-Welt einschneidend verändert – sowohl auf regulatorischer als auch monetärer Ebene. Auch werden sich bei dauerhaft höheren Zinsen nur noch die Projekte durchsetzen, die einen substanziellen Mehrwert versprechen.
Überblick zur Regulatorik
Die Diskussionen im Round Table Asset Management wurden mit Unterstützung von Dr. Christoph Wronka, Jens Hermann Paulsen und Nils-Philipp Böhm (alle Deloitte) in vorliegendem Positionspapier zusammengefasst. Nach einem Überblick zur geltenden und einem Ausblick auf die kommende Regulatorik erläutern die Autoren, wie genau die Technologie hinter Krypto-Assets funktioniert. Zudem zeigen sie unterschiedliche Anwendungsfälle durch die Verwendungen von Blockchain-Technologien auf und welche Handlungsmöglichkeiten sich für die Finanzwelt, insbesondere Asset Manager, ergeben. Es folgt eine intensive Auseinandersetzung mit den Implikationen fürs Risikomanagement und die Nachhaltigkeitsaspekte bei Krypto-Assets.
Herzstück Blockchain
Die Blockchain-Technologie als eine dezentrale verteilte Datenbank mit ihrer Eigenschaft der Unveränderlichkeit von Einträgen ist das Herzstück hinter jedem Krypto-Asset. Chancen ergeben sich vor allem aus der Möglichkeit des vertrauensvollen Handels zwischen zwei oder mehr Parteien ohne die Notwendigkeit zur Einbindung Dritter. Ein Beispiel macht dies deutlich: Die Aufgaben eines Notars bei Immobilientransaktionen könnten in Zukunft von Smart Contracts übernommen werden. Das ist ein auf einer Blockchain ausgeführter Programmcode. Sobald der Käufer die entsprechende Summe für den Hauskauf zur Verfügung stellt, übersendet der Smart Contract das Geld an den Verkäufer und überschreibt dem Käufer das Eigentum an der Immobilie. Das lässt Transaktionen durch den Wegfall von Intermediären nicht nur kosteneffizienter, sondern auch schneller werden.
Chancen für die Finanzbranche
Gesamthaft betrachtet könnten die Finanzmärkte effizienter, transparenter und liquider werden. Chancen bieten sich auch für Asset Manager. Beispielsweise könnten Abhängigkeiten von Intermediären wie Banken oder Brokern beim Vertriebsprozess entfallen. Für Asset Manager bieten sich vielfältige Möglichkeiten, bestehende Produkte zu erweitern oder neuartige Produkte auf den Markt zu bringen. Auch das Investieren in Start-ups würde sich vereinfachen, wenn Start-ups über einen ICO (Initial Coin Offering) ihren Investoren Anteile in der Form von Tokens anbieten. In der Folge ließe sich das Produktportfolio unter anderem um ICO-Fonds und Krypto-Fonds erweitern. Kurzum: Es bieten sich große Chancen für die gesamte Finanzbranche.
Gesetzgeber gefordert
Gleichzeitig entstehen bei der Integration von Krypto-Assets in das Geschäftsumfeld neue Risiken. So wird immer wieder diskutiert, wie Krypto-Assets vor fremden Zugriffen geschützt und sicher verwahrt werden können. Auch die Frage der Übertragungsrisiken und wie der einhergehende Verlust der Coins mitigiert werden kann, ist für die Risikoabwägung entscheidend. Zudem geht es um Haftungsrisiken für Dienstleister. Der Gesetzgeber ist an vielen Stellen gefordert, auch um zukünftig einen Kollaps, wie der der Krypto-Börse FTX im November 2022, zu verhindern. Mit der kommenden „Markets in Crypto-Assets“-Verordnung auf europäischer Ebene sollen die Krypto-Branche strenger überwacht und Verbraucherinnen und Verbraucher geschützt werden – ohne dabei die Innovationskraft zu rauben. Damit versucht die Europäische Union, einen Milliardenmarkt zu erschließen. Denn erst durch ausreichende Regulierung wird eine tiefergehende Adaption durch Endverbrauchende und breite Teile der Finanzbranche möglich werden.
Stärkung der Innovationskraft
Die deutsche Gesetzgebung hat mit dem elektronischen Wertpapiergesetz (eWpG) und der Krypto-Fondsanteile-Verordnung (Krypto-FAV) erste Schritte unternommen, die Finanzbranche zu digitalisieren und in ihrer Innovationskraft zu stärken. So können Fondsanteile elektronisch begeben werden und nach Worten des Finanzministeriums soll dies in dieser Legislaturperiode auch für Aktien möglich werden. Weiterhin könnte es auch für Publikumsfonds einfacher werden, direkt oder indirekt in Krypto-Assets zu investieren.
Dieser Artikel erschien in der 1. Ausgabe des FIRM Newsletters 2023. Das ganze Positionspaper ist unter Downloads "Kryptoassets" zu finden.
Das Frankfurter Institut für Risikomanagement und Regulierung (FIRM) steht für einen engen Austausch zwischen Banken und Verbänden, Initiativen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und dem Land Hessen. Ein Ziel von FIRM ist die Förderung von Lehre und Forschung rund um das Thema Risikomanagement und Regulierung – insbesondere mit Blick auf die Finanzwirtschaft – sowie eine enge Vernetzung. Neue Impulse in der Aus- und Weiterbildung von Risikomanagern setzt FIRM u.a. in Kooperation mit der Goethe Universität.